Sulforaphan - Schädlich?

Gemüse ist allgemein bekannt für seine gesundheitsfördernden Eigenschaften. In Brokkoli ist der Pflanzenstoff Sulforaphan für seine positiven Effekte auf Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Krebs bekannt. Doch zu viel des Guten kann in einigen Fällen unerwünschte Auswirkungen verursachen. Insbesondere bei einer empfindlichen Verdauung oder einer Schilddrüsenunterfunktion kann zu viel Sulforaphan sogar schädlich sein. Im Nachfolgenden wird Sulforaphan näher erläutert und sowohl positive, als auch mögliche negative Effekte vorgestellt.

Was ist Sulforaphan und wie wirkt es?

Sulforaphan ist ein natürlich vorkommender Pflanzenstoff. Es befindet sich in bestimmten Arten von Kreuzblütlern, wie Brokkoli, Blumenkohl und Kohl. Brokkoli-Sprossen enthalten eine besonders hohe Konzentration von Sulforaphan.

Sulforaphan ist ein Abbauprodukt von Glucosinolaten. Glucosinolate werden im Prozess der enzymatischen Hydrolyse durch das Enzym Myrosinase zu Sulforaphan umgewandelt. Die Bildung von Sulforaphan findet statt, wenn die Zellstruktur der Pflanze zerstört wird. Dies geschieht zum Beispiel beim Zerkleinern oder Kauen. In der Natur dient dieser Prozess der Abwehr gegen Fressfeinde (1).

Sulforaphan wirkt nicht direkt auf die Zellen, sondern durch die Induktion von Nrf2. Nrf2 ist ein Transkriptionsfaktor, der die antioxidative Abwehr und den Fremdstoffmetabolismus aktiviert. Bei der Verstoffwechslung von Sulforaphan, werden Signale an den Transkriptionsfaktor gesendet. Dadurch werden Abwehrprozesse des Körpers stimuliert. Diese neutralisieren schädliche Erreger und schützen die Zellen vor oxidativem Stress.

Sulforaphan gilt als antioxidativ, entzündungshemmend, antibakteriell und krebshemmend (2).

Um Sulforaphan aus Lebensmitteln gewinnen zu können, ist die Art der Zubereitung von bedeutender Rolle. Beim Schneiden von Gemüse wird Sulforaphan zwar gebildet. Allerdings geht es bei bei längeren Kochzeiten und höheren Temperaturen wieder verloren. Um dies zu vermeiden sollte das Gemüse roh gegessen oder schonend gedämpft werden, allerdings nicht länger als 5 Minuten (3).

Bei welchen Erkrankungen hilft Sulforaphan?

Gesundheitsfördernde Eigenschaften von Sulforaphan wurden in verschiedenen Studien überprüft. Positive Effekte konnten in Behandlung folgender Erkrankungen nachgewiesen werden:

  • Diabetes Mellitus Typ 2
  • Herzkreislauf-Erkrankungen
  • Krebs
  • Magenerkrankungen z. B. Gastritis (2)
  • Neurodegenerative Erkrankungen z. B. Parkinson und Alzheimer

Durch die antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften kann Sulforaphan außerdem als präventive Maßnahme dem Erhalt der allgemeinen Gesundheit dienen (4).

frisches grünes Gemüse

Der Einfluss von Sulforaphan auf die Schilddrüse

Die Schilddrüse ist ein endokrines Organ, das anfällig für Funktionsstörungen ist. Eine Schilddrüsenunterfunktion, auch Hypothyreose genannt,  tritt bei 1-3% der Bevölkerung auf (5). Aufgrund der bereits genannten positiven Eigenschaften von Sulforaphan liegt die Annahme nahe, dass Sulforaphan auch die Schilddrüsenfunktion im Gleichgewicht halten kann.

Allerdings zeigt die Studienlage zu diesem Thema gemischte Ergebnisse. Einige Studien weisen auf potenzielle Risiken für die Schilddrüse hin. Denn beim Konsum von Kreuzblütlern werden nicht nur Sulforaphan, sondern auch andere Stoffe wie Goitrin und Thiocyanat gebildet. Diese können die Jodaufnahme hemmen und somit die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen. Die Forscher betonen jedoch, dass diese Risiken minimal sind. Um einen negativen Effekt auf die Schilddrüse zu erreichen, müssten unrealistisch hohe Mengen von 1kg/Tag Kreuzblütler über einen längeren Zeitraum gegessen werden. Personen mit bekannter Schilddrüsenunterfunktion sollten dennoch vorsichtig sein und regelmäßige Kontrollen durchführen (6) (7).

Eine weitere Studie widerspricht diesen Ergebnissen. Wissenschaftler dieser Studie konnten feststellen, dass Sulforaphan nicht unbedingt negative Auswirkungen auf die Schilddrüse hat. Für dieses Ergebnis wurde Sulforaphan täglich über einen Zeitraum von 84 Tagen konsumiert. Während der Studie und zum Ende dieses Zeitraums haben sich die Schilddrüsenwerte der Probanden nicht verändert.  Die Forscher argumentieren, dass die Schilddrüse Mechanismen hat, um eine erhöhte Aktivierung von Nrf2 zu kompensieren. Sie betonen jedoch, dass die Auswirkungen von Sulforaphan, je nach Quelle und Zubereitung variieren können und individuell bewertet werden müssen (8).

Der Einfluss von Sulforaphan auf die Verdauung

Häufig vermeiden Menschen den Verzehr von Gemüse, da sie Blähungen und Krämpfe verursachen können. Das Gemüse der Kreuzblütler-Familie gilt trotz seines gesundheitlichen Nutzens als schwer verdaulich. Liegt eine generelle Unverträglichkeit von Gemüse vor, dann könnte es auch zu Problemen bei der Verträglichkeit von Sulforaphan kommen. Der Zusammenhang zwischen Sulforaphan und Verdauungsproblemen ist jedoch noch nicht eindeutig nachgewiesen.

Neben Sulforaphan ist in Kreuzblütlern auch Raffinose enthalten. Dies ist eine Form von Oligosacchariden. Raffinose kommt auch in Spargel und Hülsenfrüchten vor. Aufgrund ihrer Struktur kann Raffinose nicht effizient im Darm aufgenommen werden. Anstatt dem Körper so direkt als Nährstoff zur Verfügung gestellt zu werden, gelangt Raffinose in tiefere Darmabschnitte. Dort wird sie von Darmbakterien verstoffwechselt. Dies verursacht vermehrte Gasbildung und somit Blähungen und Schmerzen. Die Konzentration von Raffinose ist in Sulforaphan-Extrakten geringer als in Gemüse. Daher könnte der Konsum eines Extrakts eine leichtverdauliche Alternative für die Aufnahme von Sulforaphan darstellen. Diese Annahme beruht jedoch größtenteils auf Erfahrungswerten, da es begrenzte Evidenz für diesen spezifischen Zusammenhang gibt (9).

Die australischen Wissenschaftler Gibson und Shepherd haben sich mit dem Thema Darmbeschwerden auseinandergesetzt. Sie haben die sogenannte FODMAP-Diät entwickelt. Dabei wurden verschiedene Lebensmittel auf Unverträglichkeiten überprüft. Mithilfe der erhobenen Ergebnisse können leicht- und schwerverdauliche Lebensmittel unterschieden werden. Sie sind insbesondere für Menschen mit empfindlicher Verdauung von großer Bedeutung. Mithilfe von FODMAP-Diät können sie die schwerverdaulichen Lebensmittel leicht erkennen. Beim Konsum von leichtverdaulichem Gemüse und Obst kann die Darmflora wieder ins Gleichgewicht gebracht werden und die Darmbeschwerden deutlich gelindert werden.

Schwerverdauliches Gemüse Leichtverdauliches GemüseSchwerverdauliches ObstLeichtverdauliches Obst
ArtischockenKarottenÄpfelBlaubeere
BrokkoliAubergineAprikosenGrapefruit
SpargelKürbisKirschenKiwi
ZwiebelnTomatenNektarinenOrange
ErbsenSellerieBirnenErdbeere
Tab. 1: Darstellung von einigen schwer- und leichtverdaulichen Lebensmittel nach FODMAP (10).

Fazit

Der Konsum von Gemüse wirkt sich positiv auf die allgemeine Gesundheit aus. Der in Brokkoli enthaltene Pflanzenstoff Sulforaphan kann sich positiv auf Erkrankungen wie Herzkreislauf-Erkrankungen sowie neurodegenerative Erkrankungen auswirken. Allerdings kann Sulforaphan bei einem übermäßigen Verzehr negative Auswirkungen verursachen. Dazu zählt eine Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion. Für Menschen mit empfindlicher Verdauung könnte der Verzehr von schwer verdaulichem Gemüse, einschließlich Brokkoli, zu Beschwerden führen. Sulforaphan kann, in Kombination mit Raffinose, zu Darmbeschwerden wie Blähungen und Schmerzen führen. Mithilfe einer FODMAP-Diät können leichtverdauliche Lebensmittel ausgewählt werden, um Darmbeschwerden zu vermeiden.

Quellen

  1. Bae M. Sulforaphan – Der verborgene Schatz der Kreuzblütler. Vitalstoffe 2019:34–7. 
  2. Houghton CA. Sulforaphane: Its „Coming of Age“ as a Clinically Relevant Nutraceutical in the Prevention and Treatment of Chronic Disease. Oxid Med Cell Longev 2019; 2019:2716870. doi: 10.1155/2019/2716870. 
  3. Herr I. Kreuzblütler in der Krebstherapie. Aktuelle Gesundheitsnachrichten 2013; (8). 
  4. Otoo RA, Allen AR. Sulforaphane’s Multifaceted Potential: From Neuroprotection to Anticancer Action. Molecules 2023; 28(19). doi: 10.3390/molecules28196902. 
  5. AMBOSS. Hypothyreose: AMBOSS; 2023 [Stand: 07.11.2023]. Verfügbar unter: https://www.amboss.com/de/wissen/hypothyreose/;
  6. Felker P, Bunch R, Leung AM. Concentrations of thiocyanate and goitrin in human plasma, their precursor concentrations in brassica vegetables, and associated potential risk for hypothyroidism. Nutr Rev 2016; 74(4):248–58. doi: 10.1093/nutrit/nuv110. 
  7. Di Dalmazi G, Giuliani C. Plant constituents and thyroid: A revision of the main phytochemicals that interfere with thyroid function. Food Chem Toxicol 2021; 152:112158. doi: 10.1016/j.fct.2021.112158. 
  8. Chartoumpekis DV, Ziros PG, Chen J-G, Groopman JD, Kensler TW, Sykiotis GP. Broccoli sprout beverage is safe for thyroid hormonal and autoimmune status: Results of a 12-week randomized trial. Food Chem Toxicol 2019; 126:1–6. doi: 10.1016/j.fct.2019.02.004. 
  9. Florowska A, Florowski T, Hilal A. Probiotics: Advanced Food and Health Applications (Preview); 2022. Verfügbar unter: https://www.sciencedirect.com/topics/nursing-and-health-professions/raffinose;
  10. Gibson PR, Shepherd SJ. Evidence-based dietary management of functional gastrointestinal symptoms: The FODMAP approach. J Gastroenterol Hepatol 2010; 25(2):252–8 [Stand: 20.11.2023]. Verfügbar unter: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdfdirect/10.1111/j.1440-1746.2009.06149.x?download=true;