Es ist gemeinhin bekannt, dass Gemüse einen wichtigen Bestandteil einer gesunden Ernährung darstellt. Gemüsesorten wie Brokkoli und Kohl enthalten beispielsweise den sekundären Pflanzenstoff Sulforaphan, welcher gesundheitsfördernde Eigenschaften haben soll. Doch wie genau wirkt sich Sulforaphan auf den Erhalt der Gesundheit aus? Kann mithilfe von Sulforaphan die Schilddrüse, die anfällig für Funktionsstörungen ist, gesund erhalten werden? Oder hat Sulforaphan sogar negative Auswirkungen auf die Schilddrüse? Im Nachfolgenden wird umfassend über den Stoff Sulforaphan und seine Wirkung auf die Funktion der Schilddrüse aufgeklärt.
Was ist eine Schilddrüse und wie entwickelt sich eine Schilddrüsenunterfunktion?
Die Schilddrüse ist ein endokrines Organ, das wichtige Hormone für die Funktionen des Stoffwechsels und das Körperwachstum produziert. Sie befindet sich knapp unterhalb des Kehlkopfes. Ihre Form erinnert an einen Schmetterling oder den Buchstaben H. Die wichtigsten Hormone der Schilddrüse sind T3 und T4. Die Schilddrüse übernimmt ein großes Spektrum der Aufgaben im menschlichen Körper. Allerdings ist sie anfällig für Funktionsstörungen. Diese können sich in Form einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) und einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) entwickeln. Die Hypothyreose ist die häufigere Fehlfunktion der Schilddrüse. Diese Art der Schilddrüsenstörung wird im Nachfolgenden genauer erläutert (1).
Hypothyreose ist gekennzeichnet durch eine verminderte Produktion von Schilddrüsenhormonen. Diese Erkrankung tritt bei 1-3% der Bevölkerung auf, wobei Frauen 4-mal häufiger als Männer betroffen sind. Die Folgen von Hypothyreose können Folgende sein:
- Bradykardie
- Gewichtszunahme
- Neigung zur Obstipation
- erniedrigte Körpertemperatur
- Müdigkeit
- Depression
- Struppiges, sprödes Haar
Hypothyreose kann auch angeboren sein. Die angeborene Form der Schilddrüsenunterfunktion tritt meist aufgrund von Jodmangel in der Schwangerschaft oder einer Aplasie der Schilddrüse auf. Unbehandelt wirkt sie sich negativ auf das Körperwachstum und die Entwicklung des Gehirns aus. Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung. Hierbei greift das Immunsystem die Schilddrüse an.
Eine Schilddrüsenunterfunktion wird anhand erhöhter TSH-Werte diagnostiziert. TSH ist ein Hormon, das die Bildung von T3 und T4 stimuliert. Bei einer Hypothyreose sind T3 und T4 erniedrigt, wodurch kompensatorisch mehr TSH produziert wird. Die Behandlung erfolgt mit einer L-Thyroxin-Substitution (synthetisches T4 Hormon). Es finden regelmäßige Laborkontrollen zur eventuellen Anpassung der Therapie statt (3).
Was ist Sulforaphan und wie wirkt es?
Sulforaphan ist ein natürlich vorkommender Pflanzenstoff. Es kommt in bestimmten Arten von Kreuzblütlern, wie Brokkoli, Blumenkohl und Kohl vor. Die höchsten Werte des Sulforaphans konnten in Brokkoli-Sprossen nachgewiesen werden. Sulforaphan ist ein Abbauprodukt von Glucosinolaten und wird durch das Enzym Myrosinase gebildet (4). Die Bildung von Sulforaphan findet statt, wenn die Zellstruktur der Pflanze zerstört wird, zum Beispiel beim Zerkleinern oder Kauen. In der Natur dient dieser Prozess der Abwehr von Fressfeinden (5).
Sulforaphan wirkt hauptsächlich durch die Aktivierung von Nrf2. Es handelt sich dabei um einen Transkriptionsfaktor, der für die antioxidative Abwehr und den Fremdstoffmetabolismus verantwortlich ist. Wenn der Körper Sulforaphan verstoffwechselt, werden Signale an Nrf2 gesendet, welches die Abwehrprozesse des Körpers stimuliert. Diese neutralisieren schädliche Erreger und schützen die Zellen vor oxidativem Stress. Sulforaphan gilt als antioxidativ, entzündungshemmend, antibakteriell und krebshemmend. Dies kann potenziell zur Vorbeugung und Behandlung vieler Krankheiten beitragen (4).
Bei welchen Erkrankungen hilft Sulforaphan?
Die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Sulforaphan wurden bereits genannt. Doch bei welchen Erkrankungen genau haben sie eine positive Wirkung? In einer Studie australischer Wissenschaftler wurde diese Frage überprüft. Es konnte festgestellt werden, dass sich Sulforaphan auf Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Herzkreislauf-Erkrankungen und Krebs positiv auswirkt. Auch bei Magenerkrankungen wie Gastritis, kann Sulforaphan die Wirkung des krankheitserregenden Bakteriums hemmen (4).
Ein großer Nutzen konnte auch im Rahmen von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson nachgewiesen werden. Durch die antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften kann Sulforaphan außerdem als präventive Maßnahme dem Erhalt der allgemeinen Gesundheit dienen (6).
Wie wirkt Sulforaphan auf die Schilddrüse?
Bei Betrachtung der zuvor vorgestellten Studienergebnisse, könnte man meinen, dass es sich bei Sulforaphan um ein Wundermittel handelt. Doch die Studienlage zu diesem Thema ist kontrovers. Laut einer Studie werden bei Konsum von Kreuzblütlern nicht nur Sulforaphan, sondern auch andere Stoffe wie Goitrin und Thiocyanat gebildet. In größeren Mengen könnten sie die Funktionen der Schilddrüse beeinträchtigen und die Aufnahme von Jod hemmen. Die Wissenschaftler weisen allerdings darauf hin, dass nur ein minimales Risiko für die Gesundheit der Schilddrüse besteht: Für eine negative Wirkung wäre ein übermäßiger Verzehr von über 1kg/Tag von Kreuzblütlern über mehrere Monate notwendig (7).
Eine weitere Studie kommt zum gleichen Ergebnis. Thiocyanat konkurriert mit Jod um die Aufnahme durch die Schilddrüse und kann so die Verwertung von Jod behindern. Auch Goitrin kann die Jodaufnahme der Schilddrüse beeinträchtigen. Somit kann es zu einer unzureichenden Versorgung mit Jod kommen und das Risiko einer Schilddrüsenunterfunktion steigt. Auch hier sehen die Wissenschaftler ein geringes Risiko, da eine unrealistische Menge gegessen werden müsste, um negative Effekte zu erzielen. Jedoch sollten Personen mit bekannter Schilddrüsenunterfunktion vorsichtig sein und die TSH-Werte regelmäßig kontrollieren lassen (8).
Eine weitere Studie von 2020 kam zu dem Ergebnis, dass der Konsum von Sulforaphan keinen Einfluss auf die Schilddrüse hat. Die Probanden haben über 84 Tage eine Getränkemischung konsumiert. Sie bestand überwiegend aus dem Extrakt von Brokkoli-Sprossen. Es wurden täglich 100ml des Getränks getrunken, davon waren 40 μmol Sulforaphan enthalten. Verglichen mit einer Kontrollgruppe, deren Getränk kein Sulforaphan beinhaltete, konnten keine Veränderungen in der Funktion der Schilddrüse festgestellt werden. Wissenschaftler kamen zum Ergebnis, dass die Schilddrüse mit eigenen Schutzmechanismen die erhöhte Aktivierung von Nrf2 kompensiert. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Auswirkungen von pflanzlichen Quellen und Nahrungsergänzungsmitteln von Fall zu Fall zu bewertet werden sollen. Die Auswirkungen können je nach der Quelle des Sulforaphan, der Zubereitung und der Verträglichkeit der Betroffenen variieren (9).
Empfehlungen und Vorsichtsmaßnahmen
Die allgemeine Studienlage bestätigt die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Sulforaphan. Es wirkt antioxidativ, entzündungs-, krebshemmend und antibakteriell. Sulforaphan kann präventiv, oder zur Behandlung verschiedener Erkrankungen behilflich sein.
Eine Menge von 0,36 mg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag ist notwendig, um die gesundheitsfördernden Effekte zu erzielen. Allerdings soll auf die Art der Zubereitung geachtet werden. Beim Kochen von Gemüse, das reich an Sulforaphan ist, ist der Prozess der enzymatischen Hydrolyse gestört. Beim Schneiden wird Sulforaphan zwar gebildet, aber je länger es gekocht wird, umso mehr Sulforaphan geht verloren. Idealerweise soll das Gemüse roh gegessen oder schonend gedämpft werden, allerdings nicht länger als 5 Minuten (10).
Fazit
Hypothyreose ist eine häufige Erkrankung der Schilddrüse und kann unbehandelt große gesundheitliche Schäden verursachen. Aus diesem Grund wurde der Pflanzenstoff Sulforaphan auf dessen gesundheitlichen Auswirkungen auf die Schilddrüse überprüft.
Sulforaphan hat antioxidative, entzündungshemmende und antimikrobielle Eigenschaften. Somit hat es ein großes Potenzial für die Behandlung vieler Erkrankungen wie Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 und neurodegenerativen Erkrankungen.
Allerdings werden beim Konsum von Kreuzblütlern auch andere Pflanzenstoffe wie Goitrin und Thiocyanat verstoffwechselt. Die Aufnahme großer Mengen dieser Stoffe kann möglicherweise zu einer Hemmung der Schilddrüsenfunktion führen. An dieser Stelle weisen Wissenschaftler auf die Notwendigkeit weiterer Studien hin, um die Auswirkungen von Sulforaphan auf die Schilddrüse zu überprüfen und die bestehenden Ergebnisse der Studien zu untermauern.
Quellen
- AMBOSS. Schilddrüse: AMBOSS; 2023 [Stand: 07.11.2023]. Verfügbar unter: https://www.amboss.com/de/wissen/schilddruse/.
- gesundheitsinformation.de. Wie funktioniert die Schilddrüse?; 2021 [Stand: 07.11.2023]. Verfügbar unter: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-die-schilddruese.html.
- AMBOSS. Hypothyreose: AMBOSS; 2023 [Stand: 07.11.2023]. Verfügbar unter: https://www.amboss.com/de/wissen/hypothyreose/.
- Houghton CA. Sulforaphane: Its „Coming of Age“ as a Clinically Relevant Nutraceutical in the Prevention and Treatment of Chronic Disease. Oxid Med Cell Longev 2019; 2019:2716870. doi: 10.1155/2019/2716870.
- Bae M. Sulforaphan – Der verborgene Schatz der Kreuzblütler. Vitalstoffe 2019:34–7.
- Otoo RA, Allen AR. Sulforaphane’s Multifaceted Potential: From Neuroprotection to Anti-cancer Action. Molecules 2023; 28(19). doi: 10.3390/molecules28196902.
- Felker P, Bunch R, Leung AM. Concentrations of thiocyanate and goitrin in human plasma, their precursor concentrations in brassica vegetables, and associated potential risk for hypo-thyroidism. Nutr Rev 2016; 74(4):248–58. doi: 10.1093/nutrit/nuv110.
- Di Dalmazi G, Giuliani C. Plant constituents and thyroid: A revision of the main phytochemi-cals that interfere with thyroid function. Food Chem Toxicol 2021; 152:112158. doi: 10.1016/j.fct.2021.112158.
- Chartoumpekis DV, Ziros PG, Chen J-G, Groopman JD, Kensler TW, Sykiotis GP. Broccoli sprout beverage is safe for thyroid hormonal and autoimmune status: Results of a 12-week ran-domized trial. Food Chem Toxicol 2019; 126:1–6. doi: 10.1016/j.fct.2019.02.004.
- Herr I. Kreuzblütler in der Krebstherapie. Aktuelle Gesundheitsnachrichten 2013; (8).