Brokkoli und sein wertgebender Inhaltsstoff, das sogenannte Sulforaphan, werden mit vielen gesundheitlichen Vorzügen in Verbindung gebracht. Ein weniger bekannter Zusammenhang ist dabei der Einfluss von Sulforaphan auf das Haarwachstum. Im folgenden Artikel soll detailliert darauf eingegangen werden, was die Forschung aktuell zu einer möglichen Anwendung von Sulforaphan bei Haarausfall sagt.

Brokkoli gehört zusammen mit allen anderen Kohlgewächse zur Familie der Kreuzblütler (1). Der Verzehr dieser Gemüsesorten wird mit einer Reduktion des Risikos für Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes und zahlreiche Krebsarten in Verbindung gebracht (2-6). Von entscheidender Bedeutung für den gesundheitlichen Nutzen scheinen dabei bestimmte Schwefelverbindungen zu sein, die sogenannten Glucosinolate. Diese werden beim Kauen durch das pflanzeneigene Enzym Myrosinase zu Isothiozyanaten umgewandelt, deren bekanntester Vertreter das sogenannte Sulforaphan ist (1).

Haarausfall wird im medizinischen Kontext auch als Alopezie bezeichnet. Die häufigste Form, die auch im Kontext von Sulforaphan primär betrachtet wird, ist die sogenannte androgene Alopezie. Dabei handelt es sich um eine Form von Haarausfall, die auf den Einfluss von Androgenen, also männlichen Sexualhormonen zurückgeführt wird. Diese Form des Haarausfalls betrifft primär Männer, vor allem kaukasischer Herkunft und das Risiko steigt mit dem Alter und bei familiärer Häufung. Schätzungen zu Folge leiden bis zu 80% der Männer über 70 Jahren unter einem gewissen Grad von Alopezie (7).

Die häufigste Form von Haarausfall bei Männern: androgene Alopezie

Androgene haben im Körper verschiedenste Wirkungen, von der Ausprägung der männlichen Geschlechtsmerkmale bis zu einer Beeinflussung von Muskelwachstum und Stoffwechsel (8). Daneben haben sie unter den Hormonen auch mit den größten Einfluss auf die Haut und damit auch die Haare als sogenannte Hautanhangsgebilde: Sie beeinflussen Talgdrüsen, Wundheilung und Haarwachstum. Bei letzterem wirken sie jedoch selektiv, indem sie das Wachstum von z.B. Barthaaren fördern und auf dem Kopf in charakteristischer Hufeisenform hemmen. Diese unterschiedliche Wirkung kann auf lokale Unterschiede im Androgen-Stoffwechsel zurückgeführt werden: So können ein erhöhtes Vorkommen von Androgen-Rezeptoren, oder ein verminderter Abbau in den Zellen der Kopfhaut dazu führen, dass die Wirkung dieser Hormone dort lokal gesteigert ist (7).

Demnach kann die androgene Alopezie auch nicht einfach auf einen zu hohen Androgen-Spiegel, mit oftmals plakativ damit assoziierten gesundheitlichen Konsequenzen zurückgeführt werden. Im Gegenteil wird ein niedriger Hormon-Spiegel mit einem erhöhten Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht und kann sowohl Folge als auch Ursache von Übergewicht und metabolischen Problemen sein (9-11).

Haarausfall und männliche Sexualhormone

Entsprechend muss auch die Therapie der androgenen Alopezie als zweischneidiges Schwert betrachtet werden: Sogenannte 5-alpha-Reduktase-Hemmer unterdrücken die Umwandlung des männlichen Sexualhormons in eine aktivere Form. Dadurch wird die Wirkung von Androgenen im gesamten Körper gehemmt, was dann zwar dem Haarausfall entgegenwirkt, jedoch auch den positiven Einfluss dieser Hormone unterdrücken kann (7). An dieser Stelle kommt Sulforaphan ins Spiel.

Tatsächlich ist es nämlich so, dass neben dem Einfluss von Androgenen noch ein weiterer Faktor mit der Entstehung der androgenen Alopezie in Verbindung gebracht wird: Oxidativer Stress (7). Dabei handelt es sich um einen Zustand, bei dem aufgrund von z.B. schädlichen Umwelteinflüssen vermehrt hochreaktive Sauerstoff-Verbindungen anfallen, die körpereigenes Gewebe schädigen können. Sogenannte Antioxidantien können diesem Prozess entgegenwirken, wobei sich das Verständnis dieses Prozesses in den letzten Jahren geändert hat: Nachdem man lange davon ausgegangen ist, dass direkte Antioxidantien wie Vitamin C und E einen entscheidenden Beitrag leisten, geht man mittlerweile davon aus, dass körpereigene, antioxidative Enzyme wie Glutathion und Catalase in diesem Zusammenhang wichtiger sind. Genau diese Enzyme können durch Sulforaphan in ihrer Wirkung gesteigert werden, was es zu einem potenten, indirekten Antioxidans macht (12,13).

Sulforaphan aktiviert nämlich ein zentrales Molekül namens Nrf2. Dadurch werden im Körper mehr antioxidative Enzyme, aber auch Enzyme des sogenannten Fremdstoffmetabolismus produziert – letztere können dann unter anderem auch den Abbau von Androgenen steuern (13).

Haarausfall bei Frauen – Ursachen und Tipps gegen Haarausfall

Nicht nur Männer leiden unter Haarausfall. Jede dritte Frau hat in ihrem Leben mit Alopezie zu kämpfen. Dabei ähneln die Ursachen für Haarausfall bei Frauen sehr stark den Ursachen der männlichen Alopezie. So können Stress, Infekte, Unverträglichkeit von Medikamenten, Hormone und erbliche Faktoren als Auslöser für Haarausfall bei Frauen infrage kommen. Vor allem die androgene Alopezie ist auch bei Frauen keine Seltenheit. Doch wie kommt es dazu?

Zum einen sind viele Frauen von dieser Haarausfall-Form betroffen, die unter dem Polyzystischem Ovar Syndrom (PCOS) leiden. Bei diesem Syndrom wird u.a. im Körper übermäßig viel männliches Sexualhormon produziert, was Haarausfall begünstigen kann. Zum anderen sind auch einige Frauen in den Wechseljahren von Alopezie betroffen. Das liegt jedoch vor allem an den starken hormonellen Schwankungen, insbesondere dem Absinken des Östrogenspiegels.

Wie können Frauen nun gezielt ihren Haarausfall stoppen oder diesem sogar vorbeugen? Bei Haarausfall kommt es vor allem auf die richtige Therapie an. Daher sollte zuerst die genaue Ursache – am besten mit dem Hausarzt – geklärt werden.

Können schwerwiegende Erkrankungen ausgeschlossen werden, dann können sich Frauen mit diesen Mitteln bei Haarausfall behelfen:

  • Shampoos, die Koffein enthalten, können die Haarwurzeln stärken.
  • Brennesselextrakt, Kokosöl & Arganöl können das Haar kräftiger machen.
  • Hochwertige Brokkoli-Kapseln mit einem hohen Gehalt an Sulforaphan wie z.B. Brassica PLUS können Haarausfall nicht nur stoppen, sondern sogar das Haarwachstum natürlich anregen.
  • Ein gutes Lebensmittel gegen Haarausfall sind Haferflocken. Diese sollten in die tägliche Ernährung eingebaut werden, da sie wichtige Nährstoffe für das Haarwachstum enthalten.
  • Kopfhautmassagen zur besseren Durchblutung der Kopfhaut.
  • Auf enge Kopfbedeckungen und straffe Frisuren verzichten, die Haare besser offen und locker tragen.
  • Das Haar nicht zu stark mit bestimmten Styling Methoden beanspruchen.
  • Auf ausreichend Sport und eine gesunde, ausgewogene Ernährung achten.

Dabei ist noch zu erwähnen, dass die besten Erfolge erzielt werden können, wenn diese Maßnahmen kombiniert und für einen längeren Zeitraum in den Alltag integriert werden.

Sulforaphan kann Enzyme aktivieren, die Androgene abbauen

Obwohl Sulforaphan damit ein vielversprechender Kandidat für eine therapeutischen Anwendung bei Haarausfall ist, sollte man die Erwartungen in realistischem Maße halten. Bisherige Studien wurden nur an Tieren oder in der Zellkultur durchgeführt und erlauben daher keinen unmittelbaren Rückschluss auf den Menschen. Die Ergebnisse sind dabei dennoch vielversprechend:

Luo et al. gaben Sulforaphan auf verschiedene menschliche Hautzellen und komplette Mäuse-Haar-Follikel, die sie vorher dem Einfluss von Androgenen ausgesetzt hatten. Durch den Einfluss des Sulforaphan gelang es, das Zell-Überleben zu steigern, den Androgen-vermittelten Zelltod zu hemmen, sowie die Keratin-Produktion und letztlich auch das eigentliche Haarwachstum zu steigern (14).

Eine weitere Studie untersuchte den Einfluss von Sulforaphan auf menschliche Haar-Follikel. Die Forscher konnten dabei zeigen, dass es zu einer gesteigerten Bildung von den genannten antioxidativen und Fremdstoff-abbauenden Enzymen kommt. Das wiederum resultierte konsequenterweise in weniger oxidativen Prozessen und dadurch mehr Haarwachstum, weniger Absterben von Keratinozyten und einer gesteigerten Produktion von Haar-Gewebe (15).

Mit der dritten Studie von Sasaki et al. konnte der positive Einfluss des Sulforaphan auf das Haarwachstum dann auch im lebenden Organismus unter Beweis gestellt werden, wenn auch nur in Mäusen. Bei diesen führte die sechswöchige Gabe jedoch zu einer gesteigerten Bildung Androgen-abbauender Enzyme und konsequenterweise zu einer Abnahme des Androgenspiegels und einem gesteigerten Haarwachstum (16).

Studien zeigen positiven Einfluss auf das Haarwachstum

Ob man angesichts dieser Ergebnisse nun die therapeutische Anwendung von Sulforaphan bei Haarausfall empfehlen kann, bleibt Ansichtssache. Unter Berücksichtigung des breit gefächerten gesundheitlichen Nutzens von Kreuzblütlern und Sulforaphan spricht sicherlich wenig gegen einen Selbstversuch – wobei die Erwartungen realistisch gehalten werden sollten.

Voraussetzung ist allerdings in jedem Fall der korrekte Umgang mit Kreuzblütlern/Sulforaphan: Da Myrosinase hitzeempfindlich ist, müssten Kreuzblütler im Grunde immer roh oder kaum erhitzt verzehrt werden (17). Alternativ können Brokkoli-/Brokkolisprossen-Extrakte mit ausgewiesenem, bereits vorformiertem Sulforaphan eingenommen werden. Da Sulforaphan jedoch wenig lagerungsstabil ist (18), muss bei diesen Produkten auf den Nachweis einer ausreichenden Stabilisierung geachtet werden.

Fazit

Sulforaphan besitzt das Potenzial, der häufigsten Form von Haarausfall entgegenzuwirken – der Nutzen beim Menschen wurde jedoch bis dato noch nicht gezeigt. Wer sich einem Selbstversuch unterziehen möchte, sollte dazu entweder auf rohen Brokkoli oder stabilisiertes Sulforaphan in Extrakt-Form zurückgreifen.

Quellen

  1. Marino, M., Martini, D., Venturi, S., Tucci, M., Porrini, M., Riso, P., & Del Bo’, C. (2021). An Overview of Registered Clinical Trials on Glucosinolates and Human Health: The Current Situation. Frontiers in Nutrition, 8, 730906.
  2. Zurbau, A., Au-Yeung, F., Blanco Mejia, S., Khan, T. A., Vuksan, V., Jovanovski, E., Leiter, L. A., Kendall, C. W. C., Jenkins, D. J. A., & Sievenpiper, J. L. (2020). Relation of Different Fruit and Vegetable Sources With Incident Cardiovascular Outcomes: A Systematic Review and Meta-Analysis of Prospective Cohort Studies. Journal of the American Heart Association, 9(19), e017728.
  3. Jia, X., Zhong, L., Song, Y., Hu, Y., Wang, G., & Sun, S. (2016). Consumption of citrus and cruciferous vegetables with incident type 2 diabetes mellitus based on a meta-analysis of prospective study. Primary Care Diabetes, 10(4), 272–280.
  4. Wu, Q.-J., Yang, Y., Wang, J., Han, L.-H., & Xiang, Y.-B. (2013). Cruciferous vegetable consumption and gastric cancer risk: a meta-analysis of epidemiological studies. Cancer Science, 104(8), 1067–1073.
  5. Zhao, J., & Zhao, L. (2013). Cruciferous vegetables intake is associated with lower risk of renal cell carcinoma: evidence from a meta-analysis of observational studies. PloS One, 8(10), e75732.
  6. Liu, X., & Lv, K. (2013). Cruciferous vegetables intake is inversely associated with risk of breast cancer: a meta-analysis. Breast (Edinburgh, Scotland), 22(3), 309–313.
  7. Lolli, F., Pallotti, F., Rossi, A., Fortuna, M. C., Caro, G., Lenzi, A., Sansone, A., & Lombardo, F. (2017). Androgenetic alopecia: a review. Endocrine, 57(1), 9–17.
  8. Schmidtová, E. (2008). [T.–effects, metabolism and genetic determination]. Ceskoslovenska fysiologie, 57(2–3), 61–75.
  9. Hotta, Y., Kataoka, T., & Kimura, K. (2019). T. Deficiency and Endothelial Dysfunction: Nitric Oxide, Asymmetric Dimethylarginine, and Endothelial Progenitor Cells. Sexual Medicine Reviews, 7(4), 661–668.
  10. Cunningham, G. R. (2015). T. and metabolic syndrome. Asian Journal of Andrology, 17(2), 192–196.
  11. Kelly, D. M., & Jones, T. H. (2015). T. and obesity. Obesity Reviews: An Official Journal of the International Association for the Study of Obesity, 16(7), 581–606.
  12. Sies, H. (2015). Oxidative stress: a concept in redox biology and medicine. Redox Biology, 4, 180–183.
  13. Houghton, C. A. (2019). Sulforaphane: Its “Coming of Age” as a Clinically Relevant Nutraceutical in the Prevention and Treatment of Chronic Disease. In Oxidative Medicine and Cellular Longevity.
  14. Luo, Z., & Zhang, X. (2022). Brassica oleracea extract, glucosinlates, and sulforaphane promote hair growth in vitro and ex vivo. Journal of Cosmetic Dermatology, 21(3), 1178–1184.
  15. Haslam, I. S., Jadkauskaite, L., Szabó, I. L., Staege, S., Hesebeck-Brinckmann, J., Jenkins, G., Bhogal, R. K., Lim, F.-L., Farjo, N., Farjo, B., Bíró, T., Schäfer, M., & Paus, R. (2017). Oxidative Damage Control in a Human (Mini-) Organ: Nrf2 Activation Protects against Oxidative Stress-Induced Hair Growth Inhibition. The Journal of Investigative Dermatology, 137(2), 295–304.
  16. Sasaki, M., Shinozaki, S., & Shimokado, K. (2016). Sulforaphane promotes murine hair growth by accelerating the degradation of DHT. Biochemical and Biophysical Research Communications, 472(1), 250–254.
  17. Conaway, C. C., Getahun, S. M., Liebes, L. L., Pusateri, D. J., Topham, D. K., Botero-Omary, M., & Chung, F. L. (2000). Disposition of glucosinolates and sulforaphane in humans after ingestion of steamed and fresh broccoli. Nutrition and Cancer, 38(2), 168–178.
  18. Mahn, A., Saavedra, A., & Paz Rubio, M. (2018). Kinetic study of sulforaphane stability in blanched and un-blanched broccoli (Brassica oleracea var. italica) florets during storage at low temperatures. Journal of Food Science and Technology, 55(11), 4687–4693.