Sulforaphan, der wichtigste, wertgebende Inhaltsstoff des Brokkoli, steht in dem Ruf, einen hemmenden Einfluss auf das Bakterium Helicobacter pylori auszuüben, welches mit der Entstehung von Magenschleimhaut-Entzündungen und Magen-Krebs in Verbindung steht. In diesem Artikel sollen die mögliche Wirkung zusammen mit der zu Grunde liegenden Studienlage näher beleuchtet werden.

Kreuzblütler-Gewächse wie Brokkoli, Blumenkohl, Rettich, Senf und Kresse werden mit einem reduzierten Risiko zahlreicher Erkrankungen in Verbindung gebracht, unter anderem Herzkreislauf-Erkrankungen (1), Diabetes mellitus (2) und verschiedene Krebsarten (3). Als entscheidende Gruppe von Inhaltstoffen gelten dabei die sogenannten Glucosinolate, auch Senfölglykoside genannt. Diese schwefelhaltigen Moleküle kommen beim Kauen oder Zerschneiden der Pflanze in Kontakt mit dem pflanzlichen Enzym Myrosinase. Dadurch kommt es zu einer Umwandlung der Glucosinolate in sogenannte Isothiozyanate, die man als “aktivierte” Form der Glucosinolate betrachten kann. Der bekannteste Vertreter dieser Isothiozyanate ist das sogenannte Sulforaphan, welches vor allem in Brokkoli zu finden ist (4,5).

Zu den weniger bekannten Wirkungen von Sulforaphan zählt dabei dessen Einfluss auf das Bakterium Helicobacter pylori und die damit einhergehenden Erkrankungen. Dieses Bakterium zeichnet sich durch die spezielle Eigenschaft aus, dass es sich in der sauren Umgebung des menschlichen Magens ansiedelt. Schätzungen zufolge tragen mehr als 50% der Weltbevölkerung das Bakterium in sich, wobei es sich in den meisten Fällen allerdings um eine asymptomatische Besiedlung handelt.

Bei einem Teil der Betroffenen kommt es jedoch durch die Besiedlung mit Helicobacter zu einer lokalen Entzündungsreaktion der Magenschleimhaut, indem das Bakterium unter anderem mit Hilfe seines Enzyms Urease das empfindliche Gleichgewicht zwischen Magensäure und protektiven Faktoren der Schleimhaut stört.

Die Folge sind zunächst eher unspezifische Beschwerden wie Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Verdauungsprobleme und Aufstoßen. Mit der Zeit kann es dadurch jedoch zu einer Zerstörung und Umwandlung der Schleimhaut kommen, die sich zunächst als Geschwür (= Ulcus) und später als Magen-Krebs manifestieren kann. Diese krankhafte Wirkung von Helicobacter und dadurch die Entstehung von Magen-Krebs wird unter anderem begünstigt durch Rauchen und eine salzhaltige Ernährung und sinkt mit mehr Gemüse und Obst in der Nahrung (6). Dabei ist wiederum speziell der Verzehr von Kreuzblütlern mit einem reduzierten Magenkrebs-Risiko assoziiert (7).

Helicobacter pylori fördert Entzündungen der Magenschleimhaut und Magen-Krebs

Die von Helicobacter pylori ausgelöste Magenschleimhautentzündung wird allgemein auch als Typ-B-Gastritis bezeichnet. Um die Diagnose zu stellen, gibt es mehrere Möglichkeiten, unter anderem ein Atemtest auf das bakterielle Enzym Urease, ein Test auf bakterielle Antigene im Stuhl oder eine direkte Probenentnahme im Rahmen einer Magenspiegelung. Ist einer dieser Tests positiv und ein Patient hat eine entsprechende Symptomatik, muss eine sogenannte Eradikationstherapie erfolgen. Dabei handelt es sich letztlich nur um eine feste Kombination aus zwei Antibiotika und einem hochdosierten “Magenschutz” für einen Zeitraum von sieben bis zehn Tagen (8).

Diese Therapie ist zwar grundsätzlich effektiv, geht jedoch auch mit ihren ganz eigenen Limitationen einher: Zum einen sind die entsprechenden Medikamente in vielen Ländern nicht verfügbar, weswegen sich Typ-B-Gastritis und Magen-Krebs gerade in Entwicklungsländern zu einem immer größeren Problem entwickeln, da auf der anderen Seite die Risikofaktoren wie Rauchen und Salz immer verfügbarer werden (6). Zum anderen werden wie bei allen Antibiotika auch bei der Eradikationstherapie Resistenzen zu einem immer größeren Problem, da die Bakterien unter dem therapeutischen Selektionsdruck zunehmend Abwehrmechanismen entwickeln (8). Und nicht zuletzt kann die Therapie auch erst bei voll manifester Erkrankung eingesetzt werden, ohne dabei einen Beitrag zur Vorbeugung zu leisten. Entsprechend könnten alternative Ansätze wie Sulforaphan eine sinnvolle Ergänzung des Standard-Therapieregimes darstellen.

Die Standard-Therapie besteht aus Antibiotika und Magenschutz

Seit mindestens 20 Jahren wird der Einfluss von Sulforaphan auf Helicobacter untersucht. Eine erste Studie von 2002 konnte zunächst in Zellkulturen zeigen, dass Sulforaphan das Wachstum von verschiedenen Helicobacter-Stämmen unabhängig von deren Antibiotika-Resistenzen hemmt und zugleich die Bakterien töten kann, wenn diese bereits in Zellen der Magenschleimhaut eingedrungen sind. Außerdem war Sulforaphan dazu in der Lage, bei Mäusen die Entstehung von Magen-Krebs zu hemmen, indem es die schädliche Wirkung der krebserregenden Chemikalie Benzopyren hemmt. Daraus schlussfolgerten die Autoren, dass Sulforaphan auf mehreren, potenziell synergistischen Wegen der Entstehung von Magen-Krebs entgegenwirken könnte (9). Zu dieser Beobachtung passt auch die Erkenntnis, dass Sulforaphan offenbar das bakterielle Enzym Urease hemmt (10).

Sulforaphan hemmt Helicobacter-Wachstum und den krebsfördernden Einfluss von Chemikalien

Später konnten weitere Studien die Wirkung von Sulforaphan auf Helicobacter bestätigen und zusätzlich demonstrieren, dass es unter den verschiedenen Isothiozyanaten das größte Potential besitzt (11). Etwa zeitgleich konnte darüber hinaus erstmals in Mäusen demonstriert werden, dass sich Sulforaphan auch zur gezielten Eradikation von Helicobacter einsetzen lässt (12).

Des Weiteren haben mindestens vier Studien auch die Wirkung von Sulforaphan auf Helicobacter beim Menschen untersucht. In einer ersten Arbeit hatten dazu neun Patienten für sieben Tage zweimal täglich Brokkolisprossen reich an Sulforaphan bekommen. Von diesen Patienten zeigten sieben unmittelbar nach der Einnahme keinen Helicobacter-Nachweis mehr und sechs waren auch nach 35 Tagen ohne weiteres Sulforaphan immer noch negativ (13).

In einer ähnlichen Studie bekamen 48 Patienten für acht Wochen Brokkolisprossen. Dabei konnte man ebenfalls eine Reduktion des Helicobacter-Nachweises beobachten, sowie eine Abnahme von Blutmarkern für die Entzündung der Magenschleimhaut (14). Passend dazu konnte eine weitere Studie zeigen, dass Sulforaphan die oxidativen Schäden der Magenschleimhaut durch Helicobacter hemmt, auch wenn in diesem Fall eine Reduktion des Nachweises mit Atemtest nicht gelang (15). Auch ein zusätzlicher Nutzen in Kombination mit der medikamentösen Standard-Therapie konnte nicht gezeigt werden, was allerdings dem präventiven Nutzen von Sulforaphan nicht zwingend widerspricht (16).

Fazit:

Sulforaphan hat das Potenzial, gegen Helicobacter pylori zu wirken und dadurch der Entstehung von Magenschleimhautentzündung und Magen-Krebs entgegenzuwirken. Dabei ist der präventive Verzehr von Kreuzblütlern bis dato besser belegt als der therapeutische Einsatz bei bereits manifester Erkrankung, wobei es auch hier vielversprechende Ergebnisse gibt.

Quellen

  1. Zurbau, A., Au-Yeung, F., Blanco Mejia, S., Khan, T. A., Vuksan, V., Jovanovski, E., Leiter, L. A., Kendall, C. W. C., Jenkins, D. J. A., & Sievenpiper, J. L. (2020). Relation of Different Fruit and Vegetable Sources With Incident Cardiovascular Outcomes: A Systematic Review and Meta-Analysis of Prospective Cohort Studies. Journal of the American Heart Association, 9(19), e017728.
  2. Jia, X., Zhong, L., Song, Y., Hu, Y., Wang, G., & Sun, S. (2016). Consumption of citrus and cruciferous vegetables with incident type 2 diabetes mellitus based on a meta-analysis of prospective study. Primary Care Diabetes, 10(4), 272–280.
  3. Aune, D., Giovannucci, E., Boffetta, P., Fadnes, L. T., Keum, N., Norat, T., Greenwood, D. C., Riboli, E., Vatten, L. J., & Tonstad, S. (2017). Fruit and vegetable intake and the risk of cardiovascular disease, total cancer and all-cause mortality-a systematic review and dose-response meta-analysis of prospective studies. International Journal of Epidemiology, 46(3), 1029–1056.
  4. Marino, M., Martini, D., Venturi, S., Tucci, M., Porrini, M., Riso, P., & Del Bo’, C. (2021). An Overview of Registered Clinical Trials on Glucosinolates and Human Health: The Current Situation. Frontiers in Nutrition, 8, 730906.
  5. Connolly, E. L., Sim, M., Travica, N., Marx, W., Beasy, G., Lynch, G. S., Bondonno, C. P., Lewis, J. R., Hodgson, J. M., & Blekkenhorst, L. C. (2021). Glucosinolates From Cruciferous Vegetables and Their Potential Role in Chronic Disease: Investigating the Preclinical and Clinical Evidence. Frontiers in Pharmacology, 12, 767975.
  6. Yusefi, A. R., Bagheri Lankarani, K., Bastani, P., Radinmanesh, M., & Kavosi, Z. (2018). Risk Factors for Gastric Cancer: A Systematic Review. Asian Pacific Journal of Cancer Prevention: APJCP, 19(3), 591–603.
  7. Wu, Q.-J., Yang, Y., Wang, J., Han, L.-H., & Xiang, Y.-B. (2013). Cruciferous vegetable consumption and gastric cancer risk: a meta-analysis of epidemiological studies. Cancer Science, 104(8), 1067–1073.
  8. de Brito, B. B., da Silva, F. A. F., Soares, A. S., Pereira, V. A., Santos, M. L. C., Sampaio, M. M., Neves, P. H. M., & de Melo, F. F. (2019). Pathogenesis and clinical management of Helicobacter pylori gastric infection. World Journal of Gastroenterology, 25(37), 5578–5589.
  9. Fahey, J. W., Haristoy, X., Dolan, P. M., Kensler, T. W., Scholtus, I., Stephenson, K. K., Talalay, P., & Lozniewski, A. (2002). Sulforaphane inhibits extracellular, intracellular, and antibiotic-resistant strains of Helicobacter pylori and prevents benzo[a]pyrene-induced stomach tumors. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 99(11), 7610–7615.
  10. Fahey, J. W., Stephenson, K. K., Wade, K. L., & Talalay, P. (2013). Urease from Helicobacter pylori is inactivated by sulforaphane and other isothiocyanates. Biochemical and Biophysical Research Communications, 435(1), 1–7.
  11. Haristoy, X., Fahey, J. W., Scholtus, I., & Lozniewski, A. (2005). Evaluation of the antimicrobial effects of several isothiocyanates on Helicobacter pylori. Planta Medica, 71(4), 326–330.
  12. Haristoy, X., Angioi-Duprez, K., Duprez, A., & Lozniewski, A. (2003). Efficacy of sulforaphane in eradicating Helicobacter pylori in human gastric xenografts implanted in nude mice. Antimicrobial Agents and Chemotherapy, 47(12), 3982–3984.
  13. Galan, M. V, Kishan, A. A., & Silverman, A. L. (2004). Oral broccoli sprouts for the treatment of Helicobacter pylori infection: a preliminary report. Digestive Diseases and Sciences, 49(7–8), 1088–1090.
  14. Yanaka, A., Tauchi, M., & Yamamoto, M. (2005). [Effects of sulforaphane-rich broccoli sprouts on H. pylori-infected gastric mucosa]. Nihon rinsho. Japanese journal of clinical medicine, 63 Suppl 1, 582–586.
  15. Chang, Y. W., Jang, J. Y., Kim, Y. H., Kim, J.-W., & Shim, J.-J. (2015). The Effects of Broccoli Sprout Extract Containing Sulforaphane on Lipid Peroxidation and Helicobacter pylori Infection in the Gastric Mucosa. Gut and Liver, 9(4), 486–493.
  16. Chang, Y. W., Park, Y. M., Oh, C. H., Oh, S. J., Cho, J.-H., Kim, J.-W., & Jang, J.-Y. (2020). Effects of probiotics or broccoli supplementation on Helicobacter pylori eradication with standard c.-based triple therapy. The Korean Journal of Internal Medicine, 35(3), 574–581.